Wir sind im Jahre 1963 und ich bin gerade dabei, in diese Welt zu kommen. Ich tue mich schwer durch den Geburtskanal zu schlüpfen, meine Nabelschnur habe ich mir mehrmals um den Hals gelegt. Ich fragte mich, an welchen gefährliche Ort komme ich? Noch ist es ja sehr kuschelig im Mutterlaib, aber es hat sich was verändert. Meine Mutter fängt an mich hinauszupressen.
Nach längerer Zeit gelingt es doch, ich bin da. Will aber nicht atmen, der Hals ist zugeschnürt von meiner Nabelschnur, will wieder mit der Mutter verbunden sein. Ich bekomme von der Hebamme einen Klaps auf den Po und fange an zu schreien.
Die Entscheidung ist gefallen
Ich will leben.
Warum schreibe ich das so genau auf? Dieses nicht auf der Erde ankommen hat mich lange Zeit beschäftigt. Es hat mir die Erdung und die Grundlage für mein Leben gefehlt. Manchmal wünschte ich mir, nicht zu leben. Ich flüchtet schon früh in Fantasiewelten. Da gab es ja genug andere Wesen zum Spielen. Warum sollte ich mit den Menschen spielen, die doch nicht verstanden, was mich bewegte. Außerdem war das viel aufregender. Nur ich konnte sie sehen. Das war echt gut. Sie machten mir zwar manchmal auch Angst, aber nur wenn ich alleine im Wald unterwegs war. Da durfte ich den Weg nicht verlassen, denn dann würde ich in dieser anderen Welt bleiben und nicht mehr zurück kommen. Ansonsten hat es Spaß gemacht, mich im Inneren der Welt zu bewegen, die vielen Tunnelsysteme zu durchforsten. Der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt.
Lange habe ich nicht verstanden, was mit mir los ist. Zu meinem nicht Ankommen auf der Erde konnte mir keinen Reim machen, wieso wollte ich nicht im Hier und Jetzt leben? Meine Lebensangst war für mich spürbar. Obwohl ich Geschwister habe, eine gute Beziehung zu meiner Oma und meinen Eltern hatte, war in mir diese Unsicherheit, bin ich wirklich willkommen? Wollten meine Eltern mich wirklich? Ich habe mich als Außenseiterin gefühlt. Ich zog mich auch aus der Familie heraus. Es war für mich schwer, mich auf bestimmte gesellschaftliche Strukturen einzulassen. Obwohl ich sehr kontaktfreudig bin, fand ich es in meiner Familie sehr beengt. Mir fehlte die Freiheit.
Außerdem stellte sich für mich die Frage: Warum gab es immer diese Beengung im Halsbereich? War da noch immer die Nabelschnur oder was versuchte mir den Atem abzuschnüren? Wer hinderte mich daran, mein Leben zu leben? Solange mir die Verwurzelung fehlte, habe ich mich selbst geweigert, hier anzukommen.
Um mir zu beweisen, dass ich gar nicht auf dieser Erde leben will, brachte ich mich in meinem Leben noch in vielen Situationen, um aus dieser Welt zu entfliehen. Nein es waren keine Drogen, es waren Operationen. Bei den Operationen war ich viele Stunden weggetreten und tat mich schwer zurückzukommen. Mein Überlebenswille war stärker.
Was aus diesem Geburtstrauma noch entstanden ist: Ich habe meine drei Kinder mit Kaiserschnitt zur Welt gebracht. In mir war der Glaubenssatz, ich darf ihnen diese Stresssituation einer Geburt nicht zumuten, denn es könnte lebensgefährlich werden. Meine Kinder kamen zur Welt, bevor ich mich mit diesem Thema auseinander gesetzt hatte.
Erst durch die Erzählung meiner Mutter war es mir möglich, dieses Geburtstrauma aufzugreifen. Durch viele Gespräche mit meiner Freundin, durch psychologische Behandlungen und immer wieder das Thema anschauen, ist es mir gelungen, dieses Ereignis als das zu sehen was es ist: meine Geburt. Nachdem ich das Trauma gelöst und angenommen hatte, konnte ich mein Dasein besser annehmen. Heute denke ich oft, dass mir die Liebe meine Entscheidung abgenommen hat. Oder mein höheres Selbst? Ich weiß es nicht. Ich habe mich entschlossen, es meine innere Liebe zu nennen.
Mein Mantra lautet: Ich will leben
Und bei dir? Hast du dich schon für deine Geburt interessiert? Es gibt so viele spannende Geschichten darzu. Kommentiere meinen Artikel auf meinem Blog.
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